Auch 2020 nehme ich die Abstimmung zum deutschen Spielepreis wieder zum Anlass meine Top 5 Spiele des Jahrgangs 19/20 zu präsentieren. Bis Ende Juli kann übrigens noch abgestimmt werden.
Leider ist bei mir bedingt durch die Corona-Pandemie das ein oder andere Spiel mit Chancen auf die Top 5 vielleicht etwas zu kurz gekommen und hat es daher knapp nicht geschafft. Insgesamt fand ich den Jahrgang vor allem bei den anspruchsvollen Spielen ohnehin so stark, dass das ein oder andere Spiel rausfallen musste. Welche Spiele es in meine Top 5 geschafft haben seht ihr hier.
Das wichtigste aber noch vorweg: Wer bis 31.7. noch selbst für seine Favoriten abstimmen will kann das unter dspvoting.de tun. Macht mit! Je mehr Leute ihre Stimme abgeben, desto besser.
Platz 5 – Tiny Towns
Für den 5. und letzten Platz meiner Liste hatte ich einige Spiele im Kopf, die relativ gleich auf waren. Am Ende hat sich von dieses dann das Spiel durchgesetzt, dass ich am meisten gespielt habe. In Tiny Towns müssen alle Spieler aus den gleichen zufällig vorgegeben Baumaterialien möglichst geschickt eine Mini-Stadt aus 16 Feldern zusammen-puzzeln. Puzzeln deshalb weil man jeweils aus einer bestimmten Anordnung von Baumaterialien ein Gebäude errichten kann.
Dass das ziemlich verzwickt sein kann und man sich schnell selbst völlig blockiert, muss nahezu jeder in der ersten Partie lernen. Statt Frust kam hier sowohl bei Gelegenheitsspielern, als auch bei Brettspiel-Profis, aber sofort der Ehrgeiz auf es besser machen zu wollen. So blieb es selten bei nur einer Partie.
Tiny Towns ist vom Verlag als Familienspiel eingeordnet. Die in jeder Partie wechselnden Gebäude mit ihren nicht immer ganz einfachen Funktionen sorgen aber dafür, dass das Spiel mindestens am oberen Ende dieser Kategorie einzusortieren ist. Mit unerfahrenen Spielern mit niedriger Frust-Toleranz würde ich das Spiel daher nicht unbedingt spielen, ansonsten kommt es aber in allen Runden regelmäßig auf den Tisch.
Tiny Towns | |
Peter McPherson | 1-6 Spieler |
Gong Studios | ab 8 Jahren |
Pegasus Spiele | 30-45 Min. |
Platz 4 – Paladine des Westfrankenreichs
Nach der Nordsee-Trilogie verschlägt es den neuseeländischen Autor Shem Philips nun ins heutige Frankreich. Nach den Architekten kommen nun die Paladine des Westfrankenreichs. Sein neuestes Werk ist auch das wohl bisher komplexeste. Die Spieler versuchen hier mit Arbeitern in unterschiedlichen Farben letztendlich ihre Werte für Glauben, Stärke und Einfluss zu steigern.
Das große Problem dabei ist, dass die Aktionen mit denen man die Werte steigern kann, immer einen der anderen Werte als Vorraussetzung haben. So kann man eigentlich alle Werte nur langsam im Gleichschritt steigern, wird aber am Spielende für möglichst hohe Einzelwerte belohnt. Daraus ergibt sich ein spannendes Spiel mit unzähligen verschiedenen Elementen, die alle auf die ein- oder andere Weise miteinander verzahnt sind.
Paladine des Westfrankenreichs ist definitiv nur etwas für Vielspieler. Ständig muss man neu abwägen: Welche Arbeiter benötige ich am dringensten? Wie komme ich an weitere Arbeiter? Welcher Paladin kann mir gerade helfen die Vorraussetzungen zu reduzieren? Wie kann ich die Sonderfähigkeiten der Paladine am geschicktesten Einsätzen? Das alles macht jede Partie zu einer neuen Herausforderung, bei der ich immer gerne dabei bin.
Paladine des Westfrankenreichs | |
Shem Phillips & SJ Macdonald | 1-4 Spieler |
The Mico | ab 14 Jahren |
Schwerkraft | 90-120 Min. |
Platz 3 – Wasserkraft
Selten habe ich mich so über die Ankündigung für die deutsche Version eines Spiels gefreut wie bei Wasserkraft. Ich kannte das Spiel bereits als Barrage, wusste aber auch, dass die englische Kickstarter-Variante noch den ein oder anderen kleinen (Material-)Fehler hatte. Ich war mir sicher, dass Feuerland Spiele der deutschen Version den letzten nötigen Feinschliff geben würde. Und das haben sie auch geschafft.
Wasserkraft ist ein Arbeiter-Einsetz-Spiel, dass für mich vor allem mit der extrem guten Interaktion zwischen den Spielern besticht. Der gemeinsame Spielplan auf dem die knappe Ressource Wasser von Staudamm zu Staudamm gepumpt wird ist ein tolles zentrales Spielelement. Ständig muss man aufpassen, dass die gerade mühsam aufgebaute Energieproduktion, nicht durch Wassermangel zum Erliegen kommt.
Wasserkraft funktioniert zwar auch zu zweit schon gut, aber mit jedem weiteren Spieler gewinnt das Spiel meiner Meinung nach noch dazu. Je enger es auf dem Spielplan zugeht, desto besser gefällt mir das Spiel. Auch wenn die Spieldauer dadurch leider auch ziemlich ansteigt. Auch zu einer Partie Wasserkraft muss man mich also nie lange überreden.
Wasserkraft | |
Tommaso Battista & Simone Luciani | 1-4 Spieler |
Antonio de Luca | ab 14 Jahren |
Feuerland | 120 Min. |
Platz 2 – Coloma
Auf Platz 2 landet vielleicht die größte Überraschung in meiner Liste. Coloma ist 2019 auf Englisch als Kickstarter erschienen, die deutsche Version erschien im letzten Herbst bei Taverna Ludica Games.
Das Kennerspiel besticht durch einen sehr gelungenen Aktionswahlmechanismus. Dabei wählen alle Spieler gleichzeitg ein Aktionspaar für die jeweilige Runde. Bei der meistgewählten Aktion darf allerdings nur der erste Teil ausgeführt werden. Dadurch versucht man immer abzuschätzen welche Aktion die Mitspieler planen könnten und spielt nicht einfach vor sich hin. Außerdem entstehen so viele tolle Momente. Man freut sich riesig, wenn man alle Mitspieler richtig gelesen hat und alleine auf seiner Aktion steht, ärgert sich aber vielleicht schon in der nächsten Aktion, dass der selbe Mitspieler zum x-ten Mal auf dem selben Feld steht.
Das Drumherum bieten dann zwar nicht mehr so viel Neues, funktioniert aber tadellos. Coloma hat mir in jeder Partie Spaß gemacht und bietet mit den zahlreichen enthaltenen Modulen auch so viel Abwechslung, dass mir bisher keine Partie wie die andere vorkam. Besonders für größere Runden mit 5 und 6 Spielern ist Coloma für mich absolut empfehlenswert.
Coloma | |
Jonny Pac | 1-6 Spieler |
The Mico | ab 13 Jahren |
Taverna Ludica | 60-90 Min. |
Platz 1 – Die Crew: Reist gemeinsam zum 9. Planeten
Im Gegensatz zum letzten Jahr musste ich 2020 nicht lange über meine Nummer 1 nachdenken. Meine persönliche Nummer 1 ist in diesem Jahr zudem auch mein Favorit auf den 1. Platz bei der Abstimmung. Auch wenn das Spiel nicht – wie beim Deutschen Spielepreis oft üblich – zu den Expertenspielen zählt.
Natürlich landet das Kennerspiel des Jahres 2020 auch hier auf Platz 1. Die Crew ist einfach ein so besonderes Spiel, dass ich mir sicher bin, dass es auch noch in vielen Jahren regelmäßig auf den Spieltischen auftauchen wird. Es wird gerne auch mal “Trainigslager für Stichspiele” bezeichnet, weil einfach alle Elemente vereint werden, die Stichspiele ausmachen. Und das obwohl sich vorher die wenigsten ein kooperatives Stichspiel vorstellen konnten.
Die Idee vor dem Stich festzulegen wer welche Karte in welcher Reihenfolge gewinnen muss ist einfach brillant. Aber auch die Level in denen ausnahmsweise mal keine bestimmten Karten in Stichen gewonnen werden müssen funktionieren einwandfrei. Auch die Kommunikation ist auf genau das richtige Level beschränkt. Dadurch muss man weder planlos drauf los spielen, noch hat man das Level schon vor dem ersten Stich durchgesprochen.
Und auch wenn man die 50 enthaltenen Level durchgespielt hat wird das Spiel nicht langweilig. Im Prinzip kann man mit jedem einzelnen Level unzählige Partien spielen, denn die Karten sind ja immer anders verteilt. Aber bevor ich hier noch ewig in Lobeshymnen versinke: Probiert es einfach aus. Wer Stichspiele mag, wird Die Crew lieben!
Die Crew | |
Thomas Sing | 3-5 Spieler |
Marco Armbruster | ab 10 Jahren |
KOSMOS | 20 Min. |