[Review] Tulpenfieber

Das Tulpenfieber bzw. die Tulpenmanie in den 1630er Jahren wird gerne als eines der ersten Beispiele für eine Spekulationsblase in der Wirtschaft genannt. Also einem Zeitraum in dem die Preise, die für ein Handelsgut, in diesem Fall Tulpenzwiebeln, am Markt bezahlt werden müssen, deutlich über dem eigentlichen Wert liegen. Der gezahlte Preis ist also im Prinzip ein leeres Versprechen. Damit passt das Thema hervorragend zum gleichnamigen Spiel.

An ein Spiel von Uwe Rosenberg schürt man schließlich eine gewisse Erwartung. Wer moderne Klassiker wie Agricola, Bohnanza oder Patchwork erschaffen hat und im letzten Jahr mit Nova Luna noch für das Spiel des Jahres nominiert wurde, darf wohl als als renommierter Autor bezeichnet werden. Doch Renommee schützt einen nicht vor Fehlgriffen und als solchen muss man Tulpenfieber leider bezeichnen.

Doch zunächst zu den Spielregeln. Was muss ich im Spiel eigentlich tun? Bin ich dran, darf ich wie beim klassischen Kniffel bis zu 3 mal würfeln und muss dann mit dem Ergebnis etwas anstellen. In diesem Fall eine auf dem Spieler-Tableau abgedruckte Würfel-Kombination mit einem Tulpen-Plättchen abdecken. Schaffe ich eine durchgängige Reihe aus Plättchen von der obersten bis in die 3., 4. oder 5. Reihe darf ich im nächsten Zug jeweils einen Würfel mehr benutzen. Maximal 7 Würfel sind möglich. Sechs Tulpen-Plättchen in einem 2×3-Raster bringen zudem ein Bonusplättchen mit dem ich zu Beginn meines Zuges einen Würfel auf eine bestimmte Seite drehen darf. Außerdem kann ich Tulpen-Plättchen umdrehen um zusätzlich nachzuwürfeln. Schaffe ich es die 4. Reihe komplett oder in der 5. Reihe 3 bzw. 4 Felder mit Tulpen-Plättchen zu belegen habe ich das Spiel sofort gewonnen.

Schon nach dem Regellesen klang das Spiel für mich recht langweilig und leider ist es das auch. Es gibt keinen wirklichen Kniff, der das Spiel besonders macht. Die Spannungskurve gleicht eher einer Abfahrt von einem kleinen Hügelchen und gerade zum Ende hin zieht sich Tulpenfieber zäh wie Kaugummi. Rundenlang machen wir immer das gleiche in der Hoffnung endlich das gebrauchte Würfelergebnis zu erzielen. Da entsteht in einem eigentlich komplett interaktionsfreien Spiel fast schon ein kooperatives Spielgefühl, wenn jemand endlich das Spiel gewinnt und der gesamte Tisch über das Spielende jubelt. Die erste Spielphase, in der man versucht seinen Würfelpool zu vergrößern, ist zumindest noch ein bisschen spannend. Doch wirkliche Entscheidungen trifft man auch hier nicht. Wenn ich einmal angefangen habe mir über eine durchgehende Reihe bei den Dreien einen zusätzlichen Würfel zu erspielen, macht es einfach keinen Sinn Fünfen oder Sechsen zu sammeln.

Tulpenfieber wirkt komplett aus der Zeit gefallen. Vor 20 oder 30 Jahren hätte das Spiel vielleicht noch ein wenig Abwechslung geboten. Moderne Würfelspiele wie King of Tokyo, Calavera oder Qwixx sind im Vergleich aber einfach wesentlich spannender. Selbst den Vergleich mit dem Klassiker Kniffel, dem sich jedes moderne Würfelspiel irgendwann stellen muss, verliert das Spiel für mich. Während ich beim Kniffel mit meinem Würfel-Ergebnis oft noch mehrere Optionen habe, ist es hier in der Regel ziemlich klar wo ich mein Plättchen hinlege.

Auch die Gestaltung ist misslungen. Kann man beim Cover gerne noch über Geschmack streiten, so ist die Gestaltung des Spielmaterials doch ziemlich fragwürdig. Warum sind die titelgebenden Tulpen zu so lieblosen Farbklecksen verkommen? Wieso überhaupt so viele verschiedene Plättchen, die verwirren und überhaupt kein schönes Gesamtbild ergeben? Warum bepflanze ich auch den Weg mit Tulpen? Und warum zum Teufel verteile ich das Geld meiner verkauften Tulpen in Säcken auf meinem Tulpenfeld? Hätten da nicht abgeernete Felder viel besser gepasst?

Es fällt mir wirklich schwer etwas positives zu Tulpenfieber zu finden. Zumindest die Grundidee, dass man im Laufe des Spiels immer mehr Würfel dazu gewinnen kann um die Aufgaben zu erfüllen ist immer noch reizvoll. Andere Spiele haben das nur viel besser umgesetzt. Auch die Materialqualität ist vollkommen okay, der “für Ordnung in der Spielschachtel” beigelegte Stoffbeutel sogar richtig gut.

Das sind aber wirklich nur sehr schwache Pluspunkte. Somit würde ich das Spiel insgesamt niemandem empfehlen. Tatsächlich habe ich Tulpenfieber in keiner meiner Runden ein zweites Mal auf den Tisch bekommen. Und das ist schon ziemlich bezeichnend.

Tulpenfieber

 Uwe Rosenberg  1-4 Spieler
 Roberto Freire  ab 8 Jahren
 Amigo  30 Min.

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