Azul von Michael Kiesling ist heute in Berlin zum Spiel des Jahres gekürt worden. Den Titel Kennerspiel des Jahres bekam das Spiel Die Quacksalber von Quedlinburg von Wolfgang Warsch verliehen. Die Veranstaltung in Berlin begann jedoch mit der Vergabe eines Sonderpreises.
Bernhard Löhlein, der Sprecher der Jury Spiel des Jahres, führte durch die Veranstaltung und lobte zunächst einmal grundlegend die Qualität der Spiele, die seit einigen Jahren immer besser werde. Dies sei für ihn auch ein Hauptgrund für die veränderte Wahrnehmung, dass sich Brettspiele inzwischen trotz des digitalen Zeitalters in der Gesellschaft durchgesetzt haben. Als ein Beispiel nannte er, dass Brettspiele inzwischen mehr und mehr Geschichten erzählen. Als “bestes Beispiel” nannte er dabei den Träger des Sonderpreises: Pandemic Legacy Season 2. Das Spiel aus dem Hause Asmodee sei wie ein Thriller. Dies bekräftigte auch Rob Daviau, neben Matt Leacock einer der beiden Autoren des Spiel, im Interview nach der Preisverleihung. Er habe schon als Kind Autor für Film- oder Fernsehproduktionen werden wollen. Als das nicht klappte nahm er das Heft selbst in die Hand und entwickelte das Legacy-Prinzip für Brettspiele.
Nach dem Sonderpreis wurden die Nominierten für das Kennerspiel des Jahres zunächst einzeln auf der Bühne vorgestellt. Das Team der Verlagsvertreter von Schmidt Spiele und dem Autor Wolfgang Warsch durfte dabei gleich zwei Mal in identischer Besetzung auf die Bühne. Schließlich waren mit Die Quacksalber von Quedlinburg und Ganz schön clever zwei ihrer Spiele nominiert. Anschließend wurden Altmeister Michael Kiesling, zusammen mit seinem Co-Autor Andreas Schmidt und den Verlagsvertretern von eggertspiele mit ihrem Spiel Heaven & Ale vorgestellt. Alle drei Nominierten konnten dabei davon berichten, dass ihr jeweiliges Spiel ursprünglich ein anderes Thema hatte. So wurde aus einem Spiel mit Western-Thema schließlich eines bei dem es um das Tränke-Brauen geht (Quacksalber von Quedlinburg), bei einem Spiel um das Bewirtschaften eines Bauernhofs wurde das Thema komplett weggelassen (Ganz schön clever) und statt um Bierbrauen ging es im dritten Spiel ursprünglich um eine Seestadt mit Inseln und Kirchen (Heaven & Ale).
Ausgezeichnet wurde schließlich das Spiel Die Quacksalber von Quedlinburg. Autor Wolfgang Warsch zeigte sich auf Grund seiner Doppelchance fast ein wenig erleichtert, dass er den Preis am Ende mitnehmen durfte. Er Verglich seine Chancen mit einem Würfelwurf bei dem ihm eine 3 gereicht hat. Meist würfle man in solchen Situationen jedoch eine 1.
Somit hat in diesem Jahr erneut ein Spiel gewonnen, dass sicherlich am unteren Ende des Kennerbereichs einzuordnen ist. Das Regelwerk ist dabei auf jeden Fall relativ umfangreich, der sehr hohe Glücksfaktor ist aber untypisch für die Kategorie. Ob das Spiel wirklich Spieler an komplexere Spiele heranführt wage ich eher zu bezweifeln. Zweifelsfrei handelt es sich bei Die Quacksalber von Quedlinburg aber um ein gutes Spiel, dass viel Freude am Tisch auslösen wird. Gespannt sein dürfen wir ob die Kennerkategorie in den nächsten Jahren weiter sowohl nach unten, als auch nach oben ihre Grenzen erweitern wird.
Zum Abschluss der Verleihung ging es schließlich um den Hauptpreis Spiel des Jahres. Hier waren mit Azul erneut Michael Kiesling und der Verlag eggertspiele/Plan B nominiert. Auch Wolfgang Warsch durfte für sein Spiel The Mind nochmals auf die Bühne, diesmal allerdings zusammen mit den Vertretern vom Nürnberger Spielkartenverlag. Der dritte Kandidat war Luxor vom Autoren Rüdiger Dorn und dem Verlag Queen Games. Auch diesmal wurden die Autoren nach dem eventuell geänderten Thema ihrer Spiele gefragt. Michael Kiesling berichtete, dass sein Spiel Azul zunächst kein Thema hatte und erst der Verlag das Spiel in der Welt der portugiesischen Azulejo-Fliesen ansiedelte. Rüdiger Dorn’s Luxor, spielte ursprünglich nicht in der Welt der Abenteurer und Forscher, sondern handelte von einer Affenbande. Wolfgang Warsch, inzwischen reichlich Bühnen-erfahren, kam der Frage zuvor und berichtete stattdessen, dass er sich lange nicht traute sein Spiel The Mind auszuprobieren. Dann allerdings – nach einer ersten Testrunde – habe er das Spiel in einer Woche fertig gestellt.
Gewählt wurde schließlich Azul. Damit konnte Michael Kiesling zum dritten Mal nach 1999 und 2000 die begehrte Auszeichnung gewinnen. Insgesamt wurde es ziemlich voll auf der Bühne, denn neben dem Autor waren auch Vertreter von Plan B (Verlag, Gestaltung und Marketing) aus Kanada, Pegasus (Vertrieb) und eggertspiele (Entwicklungsstudio), die damit zum zweiten Mal nach 2014 gewinnen konnten, auf der Bühne und mussten unter anderem über die komplizierte Verlagskonstellation aufklären.
Ich denke am Ende hat sich der große Favorit durchgesetzt. Schon seit der SPIEL 2017 in Essen war Azul bei vielen ein Kandidat für den Titel gewesen und kristallisierte sich in den folgenden 9 Monaten immer mehr zum Favoriten heraus. Ich glaube Azul hat von allen drei Nominierten die besten Chancen auch noch in vielen Jahren ein erfolgreiches Spiel zu sein.
Fazit: die Jury eine gute Wahl getroffen und 3 tolle Spiele ausgezeichnet. Auch die anderen Kandidaten sind aber mit der Nominierung schon geehrt worden. Ich gratuliere allen Gewinnern zu ihrem Erfolg. Ein toller Abschluss für das Spielejahr 2018, während das Spielejahr 2019 spätestens seit der Berlin Con am Wochende schon begonnen hat. Von dieser werde ich hier bald berichten.