[Review] The Mind

“Also wir müssen unsere Karten aufsteigend von 1 bis 100 sortieren. Erstmal bekommt jeder nur eine Karte. Wir sind alle gleichzeitig dran. Bei 3 geht’s los. Achja. Wir dürfen nicht reden. Eins. Zwei. Drei.”

Mit handgestoppten 10 Sekunden ist das wohl die kürzeste Regelerklärung die ich je gemacht habe. Und trotzdem wurde Level 1 mit dieser Kurzeinführung – mit einer Ausnahme – bisher in jeder Runde geschafft. Obwohl meine Mitspieler das Spiel zum ersten Mal spielten und zum Teil auch garnicht gefragt wurden bevor ich das Spiel auf den Tisch gepackt habe.

Im Prinzip waren das im übrigen auch schon alle Regeln des Spiels. Alles weitere habe ich dann immer vor dem Level 2 erklärt. Die steigende Kartenzahl mit jedem Level, wie die Wurfsterne uns helfen können und das die “komischen Hasen” einfach nur unsere Leben sind. Unsere Leben? Achja, The Mind – der inoffizielle Nachfolger von The Game – ist natürlich kooperativ.

Die Verwandschaft zu The Game merkt man dem Spiel auch sofort an und doch könnte das Spielgefühl nicht unterschiedlicher sein. Während beim Vorgänger gefeilscht und verhandelt wird ohne je wirklich etwas zu sagen, schweigen sich die Spieler bei The Mind eigentlich nur an und sagen damit doch so unglaublich viel. In manchen Momenten fliegt eine Karte nach der anderen auf den gemeinsamen Ablagestapel, im nächsten Moment sitzen alle da und keiner will so recht die Initiative übernehmen.

Dabei steigt sowohl mit zunehmendem Level als auch mit zunehmender Spielerzahl die Spannung und es wird immer schwieriger fehlerfrei zu bleiben. Wie gut das man da noch einen Wurfstern hat mit dem jeder seine niedrigste Karte abschmeißen darf ohne Konsequenzen (in Form von verlorenen Leben) befürchten zu müssen. Doch dafür müssen sich alle einig sein und ihre Hand heben. Und meist ist dann doch einer dabei bei dem der Ehrgeiz es ohne Wurfstern zu schaffen siegt.

Und auch wenn eigentlich nicht gesprochen oder sonst irgendwie kommuniziert werden darf, gelacht und vorallem geflucht wurde in unseren Runden nicht zu knapp. Typische Situation: Ein Mitspieler hat gerade den Mut aufgebracht und will zögerlich eine Karte spielen. Ein anderer – meistens bin ich das selbst – schmeißt doch noch schnell eine Karte dazwischen und die ist um genau eine Zahl zu hoch. Verdammt!

Aber dann haben die Mitspieler ihr Zeitgefühl eben noch nicht genug synchronisiert. Darum geht es übrigens laut Anleitung und vorallem laut Level-Karten. Um Gruppenbewusstsein. Um telepathische Kommunikation. Um die Verschmelzung von Geist und Materie. Klingt etwas esoterisch?! Das fanden übrigens auch meine Mitspieler wenn ich ihnen nach 1-2 Partien gesagt habe, dass eigentlich zu Spielbeginn alle brav die Hände  auf den Tisch legen sollen wenn sie bereit sind. Dann nehmen laut Regel alle die Hände weg und es geht los. Wir sind beim zählen geblieben!

Neben diesem leicht esoterischen Touch, den man aber auch einfach weglassen kann, gibt es eigentlich nur eine Sache die mir nicht gefällt. Die Regel besagt nämlich, dass bei einem Fehler das Spiel sofort unterbrochen wird und ALLE Karten die niederiger sind als die falsch gespielte Karte aus dem Spiel kommen, aber nur ein Leben abgezogen wird. Das führt dazu, dass man theoretisch einfach die höchste Karte spielen kann und dann zwar ein Leben verliert, aber das Level sofort geschafft hat.

Ich weiß nicht ob das vielleicht sogar so gewollt ist (schließlich reichen die Leben ja eh nicht für alle Level) oder sich einfach nicht anders machen ließ. Wenn man aber diesen “Fehler” ausnutzt macht es das Spiel ein wenig kaputt. Aber letztendlich kann man sich bei so vielen Spielen selbst den Spielspaß nehmen, wenn man es darauf anlegt. Daher wurde das in unseren Runden nicht gemacht und war dementsprechend auch kein Problem. Man sollte aber trotzdem mal kurz darüber nachdenken ob das in der eigenen Runde vielleicht anders sein könnte. Wenn nicht, kann ich euch das Spiel also nur wärmstens empfehlen.

Korrektur:  Leider stimmt das nicht so ganz. Man darf nämlich zu jedem Zeitpunkt nur seine jeweils niedrigste Karte spielen. Diese Regel hatte ich leider übersehen.  Der “Trick” funktioniert also nur wenn ein Spieler sehr viele, sehr hohe Karten hat. Dadurch ist das natürlich kaum noch relevant. Vielen Dank an Autor Wolfgang Warsch für den Hinweis!

Fazit: Fast schon nicht zu glauben mit wie wenig Regeln und Material – im Prinzip gibt es ja nur 100 Zahlenkarten und ein paar Marker – ein so faszinierendes Spiel zu Stande kommt. Bisher hat The Mind jedem meiner Mitspieler sofort gefallen. Der Ehrgeiz alle Level zu schaffen ist bei jedem schnell entfacht. Für mich wurde The Game tatsächlich ein wenig abgelöst, The Mind macht mir noch mehr Spaß. Auch die Gestaltung der Karten gefällt mir einen Tick besser. Sowohl Viel- als auch Gelegenheitsspieler machen mit diesem Spiel jedenfalls nichts falsch und werden mit The Mind ihren Spaß haben. Allerdings lässt der Reiz nach einigen Partien ein wenig nach.

Ein Kommentar zu “[Review] The Mind

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