Die Internationalen Spieletage in Essen 2022 – oder kurz: SPIEL ’22 – sind vorbei. Vier Tage voller Spielfreude und Spielspaß. Welche Spiele ich am letzten Tag der Messe noch ausprobieren konnte und wie mein Messefazit ausfällt lest ihr in diesem Bericht.
Council of Shadows
Die große alea-Neuheit des Jahres 2022 stand zu Beginn des Tages auf meinem Programm. Völlig untypisch für den Verlag reisen wir thematisch weder ins europäische Mittelalter, noch in die frühe Neuzeit zurück, sondern begeben uns in einer entfernten Zukunft in fremde Galaxien. Das Spiel wird vom besten Mechanismus der Welt (Deckbuilding) angetrieben. Jede Karte bleibt dabei 3 Spielzüge lang im Spiel. Mit den dadurch ausgelösten Aktionen versuchen wir vor allem uns Energie zu besorgen, die auf einer Energieleiste abgetragen wird. Jede Karte bewegt jedoch auch einen weiteren Marker vorwärts, der auf der Energieleiste mit 20 Punkten Vorsprung voranschreitet. Das Ziel ist es mit dem Energiestein den anderen Marker einzuholen und so einen Quantensprung zu vollziehen. Wer das am schnellsten 3 mal schafft, gewinnt das Spiel. Dieser interessante Kern-Mechanismus hat mir sehr gut gefallen und auf jeden Fall Lust auf weitere Partien gemacht.
Deal with the devil
Ein Spiel für exakt 4 Spieler ist Deal with the devil. Das Spiel kombiniert ein klassisches Euro-Spiel mit verdeckten Rollen. Ein Spieler ist der Teufel und startet mit jeder Menge Ressourcen. Zwei Spieler sind Menschen und starten ohne Ressourcen, dafür mit einer intakten, aus 3 Teilen bestehenden, Seele. Der letzte Spieler startet mit wenigen Ressourcen, aber nur 2 Teilen der Seele. Im Spiel versuchen wir (weitere) Ressourcen zu erwirtschaften um damit Gebäude zu errichten, in der Gunst der Kirche aufzusteigen und uns bestmöglich vor der Inquisition zu schützen. Am besten geht das mit Seelen-Teilen, auf die es also auch der Teufel abgesehen hat. Das Spiel benötigt eine App, damit die verdeckten Handelsangebote den richtigen Personen zugeordnet werden können. Deal with the devil ist sehr innovativ und überzeuget mit einem tollen Spielgefühl. Auch das Material macht Lust das Spiel weiter auszuprobieren. Leider muss man sich noch ein wenig gedulden bis die deutsche Version rund um den Jahreswechsel heraus kommt.
Violet and the grumpy nisse
Noch vor wenigen Jahren hätte man sich ein gutes 2-Spieler-Stichspiel kaum vorstellen können. Inzwischen gibt es ein paar auf dem Markt und mit Violet and the grumpy nisse kommt noch ein weiteres dazu. Die Zusammenarbeit des deutsch-portugiesischen Autoren Pedro Pereira mit dem irischen Verlag Agie Games sollte eigentlich auf der Spiel verfügbar sein, hat es aber auf Grund von Zollproblemen leider nicht geschafft. Im Spiel versucht ein Spieler (Violet) möglichst viele Stiche zu gewinnen, während der andere (the grumpy nisse) vorallem an Stichen mit einer hohen Differenz zwischen den Karten interessiert ist. Das führt zu einem sehr interessanten Stichspiel, das ich in meiner ersten Partie noch nicht mal annähernd durchdrungen habe. Bei Violet and the grumpy nisse muss und kann man auf jeden Fall sehr tief einsteigen und ich habe jetzt schon große Lust das zu tun.
Hot and Cold
Schon vor der Messe konnte ich einige Partien Hot and Cold spielen und so hatte ich das Spiel in Essen gar nicht mehr auf dem Radar. Da ich vor Ort aber zufällig noch eine Partie spielen konnte, möchte ich das an dieser Stelle erwähnen. Wer Wortspiele mag, wird Hot and Cold lieben. Vereinfacht gesagt trifft hier Decrypto auf ein Echtzeit-Spiel. Und das ganze mit einfachem Einstieg und jeder Menge garantiertem Spaß am Spieltisch. Unbedingt ausprobieren!
Highlight des Tages: Deal with the devil
Überraschung des Tages: Violet and the grumpy nisse
Messefazit
Nach dem Ausfall der Messe 2020, stand die SPIEL ’21 noch ganz klar im Zeichen von Corona. Die jetzige Messe hat so langsam wieder den Weg zurück Normalität eingeschlagen, auch wenn die Rekordzahlen von 2019 noch lange nicht erreicht wurden. Von Corona hat man außer durch die Maskenpflicht, die sich durchaus dauerhaft etaiblieren könnte, eigentlich kaum noch etwas gemerkt. Auffällig sind aber die – sicherlich auch wegen der in Folge der Corona-Krise weltweiten Logistik-Probleme – deutlich gestiegenen Preise. Expertenspiele zwischen 60 und 100 Euro sind inzwischen eher die Regel als die Ausnahme. Und auch die preislich noch darüber liegeden Spiele werden gefühlt immer mehr. An diese Preise muss man sich wohl in Zukunft gewöhnen. Die Verfügbarkeit von Spielen war nach meinem Empfinden dagegen wieder deutlich besser als im letzten Jahr.
Der große Spiele-Trend in diesem Jahr waren – wie schon im Vorfeld festgestellt – Neuauflagen. Unzählige Spiele haben eine Neuauflage, Neuinterpreation, neue Grafik oder thematische Neu-Einbettung bekommen. Seien es Die Fürsten von Florenz, denen Korea Boardgames eine neue Grafik verpasst hat, das mit Harry-Potter Thema unter dem Namen Stupor! neu aufgelegte Cash’n’Guns oder gleich 3 Spiele der Stefan Feld City Collection die einen neuen Namen bekommen habe. Den ganz großen Hype-Titel, wie im letzten Jahr Arche Nova, gab es in diesem Jahr nicht. Am schnellsten ausverkauft war wohl Lacrimosa von Devir Games, bei denen sich am ersten Tag die – neben der üblichen Carcassonne-Promo-Schlange am Hans im Glück-Stand – wohl längste Schlange gebildet hat. Einen kleineren Hype gab es auch um das Stichspiel Cat in the box, das am Ende auch ganz oben in der Fairplay-Scoutliste landete. Weitere interessante Stichspiele waren u.a. Inside Job und Violet and the grumpy nisse. Nachdem es in diesem Bereich vor einigen Jahren noch ziemlich ruhig war ist auch ein kleiner Stichspiel-Trend zu erkennen. Sicherlich nicht zuletzt wegen des großen Erfolgs von Die Crew.
Mein persönliches Messe-Fazit fällt auf jeden Fall positiv aus. Bei den Spielen von meiner Liste, die ich ausprobieren konnte, gab es kaum echte Enttäuschungen. Zudem konnte ich das ein oder andere Spiel entdecken, dass ich nicht (so weit oben) auf dem Zettel hatte. Ein Highlight waren auch immer die kurzen Pläusche mit bekannten und neuen Gesichtern. Sei es bei einem zufälligen Treffen in den Hallen oder beim wieder mal tollen Meet and Play am Samstag. Alles in allem war die SPIEL ’22 eine absolut gelungene Veranstaltung und die Vorfreude auf die SPIEL ’23 steigt schon wieder.
Weitere Eindrücke: