So langsam erlauben die Lockerungen des Corona-Lockdowns wieder etwas mehr spielerische Aktivitäten. Daher sind im brettspielschau-Rückblick auf den Juni auch wieder ein paar komplexere Spiele enthalten.
10 Minuten Killer
Das Spiel 10 Minuten Killer wird als schnelles Deduktionsspiel angepriesen[1]. Jeder Spieler bekommt dabei eine der 16 Spielfiguren geheim als Killer, sowie 3 andere geheim als Zielpersonen zugeteilt. Ziel ist es seine Zielpersonen zu eliminieren ohne dabei entdeckt zu werden. Dabei darf jeder Spieler alle Figuren bewegen, mit seinem Killer alle Figuren in Reichweite erschiessen oder mit den Polizisten beliebige Figuren verhaften. Je nachdem welche Rolle die erschossene Person einnimmt gibt es Plus- oder Minuspunkte, Verhaftungen haben nur eine Auswirkung wenn man dabei den Killer eines Mitspielers erwischt.
Die Bezeichnung Deduktionsspiel trägt das Spiel dabei für mich zu unrecht. Verdächtigt man eine Figur nur im Ansatz als gegnerischen Killer verhaftet man sie einfach. Schließlich hat man keine Konsequenzen bei Fehlern zu befürchten. Und wenn man dann mal wirklich einen Killer “ermitteln” will, geht es nicht um Deduktion, sondern ausschließlich ums Merken. Wer hier versucht dem Spielziel näher zu kommen und eine Zielperson ausschaltet, wird zudem sofort selbst zur Zielperson der Mitspieler. Im Prinzip gewinnt durch die krude Punkteverteilung fast immer der Spieler, der seine Zielpersonen ignoriert und sich auf die gegnerischen Killer stürzt. In meinen Augen funktioniert das Spiel leider überhaupt nicht und erzeugt alles, nur keinen Spielspaß.
10 Minuten Killer | |
Benoit Bannier | 2-4 Spieler |
Pauline Detraz | ab 14 Jahren |
funbot | 10 Min. |
Bei den komplexen Würfelspielen von Schmidt Spiele ist der Name oft Programm. So auch bei Man muss auch gönnen können. Im eigenen Zug darf man nämlich nur etwas ankreuzen, wenn man eine Karte komplett erfüllen kann. Geht das nicht muss man nachwürfeln und die Mitspieler freuen sich, dass sie einen der nachgewürfelten Würfel beliebig nutzen können. Als aktiver Spieler kann man sich der Schadenfreude über einen schlechten Wurf sicher sein. Garantiert kommt dann von irgendwo am Tisch ein hämisches “man muss auch gönnen können”. So ist man oft lieber selbst in der passiven Rolle.
Man muss auch gönnen können
Nach und nach füllen wir so jedenfalls unsere Karten mit Kreuzen und Zahlen und schalten uns so verschiedenste Wertungen für das Spielende oder Möglichkeiten zur Würfel-Manipulation frei. Außerdem können wir mit 3 oder 4 gleichen Würfeln Karten nachkaufen und so unsere 3-mal-3-Auslage füllen.
Bei Man muss auch gönnen können ist man schon vom Würfelglück abgängig, trifft aber auch durchaus strategische Entscheidungen um diesem Glück Herr zu werden. Dem Ärger über einen eigenen schlechten Wurf folgt sowieso schnell die Schadenfreude über den schlechten Wurf des Mitspielers. Und Schadenfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude.
Man muss auch gönnen können | |
Ulrich Blum & Jens Merkl | 1-4 Spieler |
Leon Schiffer | ab 8 Jahren |
Schmidt Spiele | 30 Min. |
Steamopolis
In Steamoplis brauchen wir möglichst viel Druck auf unseren Kesseln. Denn wenn der Dampf in unseren Kesseln steigt, können wir unsere Arbeiter auf stärkeren Aktionen einsetzen oder den Dampf durch unsere Maschinen leiten um Boni zu generieren. Im eigenen Zug steigern wir entweder den Druck, setzen einen Arbeiter ein oder holen alle Arbeiter zurück und führen erst dann die gewählten Aktionen aus. Die Aktionen nutzen wir um an Rohstoffe zu kommen, neue Maschinen zu erwerben oder Banner an unser Luftschiff zu hängen um damit Punkte zu machen.
Trotz der spannenden Grundmechanik mit dem Druck, der festlegt wo wir unsere Arbeiter einsetzen können, bietet Steamopolis insgesamt doch leider wenig Neues. Zudem ist im Spiel kaum ein Spannungsbogen zu finden. Ständig machen wir die gleichen Aktionen um letztendlich die gleichen Dinge zu kaufen. Und auch die Abwechslung zwischen den einzelnen Partien ist mir für ein Expertenspiel viel zu gering. Insgesamt ist Steamopolis ziemlich eintönig und lässt mich daher eher kalt.
Steamopolis | |
Gerhard Hecht | 2-4 Spieler |
Dennis Lohausen | ab 12 Jahren |
Corax Games | 90 Min. |
Jeder Mitspieler zeichnet in Trails of Tucana ein Wegenetz auf seinen eigenen Insel-Plan. Dazu werden nach und nach jeweils 2 Karten mit Landschaftstypen aufgedeckt und genau diese beiden Typen müssen dann irgendwo auf der Insel miteinander verbunden werden. So versuchen wir verschiedene Symbole an die Küstenstädte anzubinden und die Städte selbst miteinander zu verbinden. Wem das, je nach Seite des Zettels, nach zwei- bzw. dreimaligem Durchspielen des Landschafts-Stapels am besten gelungen ist, der gewinnt. Emotionen beim Aufdecken der Karten sind garantiert, denn oft wartet man auf eine bestimmte Kombination. So entsteht ein kurzweiliges Spiel, bei dem allerdings jeder Mitspieler relativ einsam vor sich hin spielt.
Trails of Tucana
Trails of Tucana | |
Eilift Svensson & Kristian A. Ostby | 1-8 Spieler |
Gjermund Bohne | ab 8 Jahren |
Pegasus Spiele | 15-30 Min. |
Wasserkraft
Wasserkraft ist im Prinzip ein recht klassisches Workerplacement-Spiel mit vergleichsweise einfachen Aktionen. Seine Komplexität bezieht das Spiel aus dem verschachtelten Wassernetz auf dem Spielplan, bei dem man mit den eigenen Staudämmen und Rohrleitungen möglichst mehr Kontrolle über die knappe Ressource Wasser gewinnen will als die Gegner. Dann kann man mit den eigenen Kraftwerken in jeder der 5 Runden viel Energie produzieren und so an viele Siegpunkte kommen. Durch dieses gemeinsame Wasser-Netz fühlt sich das Spiel sehr interaktiv an und ein gezielt platzierter Staudamm kann die Mitspieler gehörig ärgern.
Besonders spannend ist der Bau der Gebäude gelöst. Denn als “Ressourcen” benötigen wir hier Bagger und Betonmischer, die wir allerdings nicht ausgeben, sondern zunächst in unser Bau-Rad geben. Nachdem dieses eine volle Umdrehung gemacht hat stehen uns die entsprechenden Maschinen wieder zur Verfügung. Hier und an anderen Stellen wird das Thema Nachhaltigkeit auch Spiel-mechanisch gut umgesetzt. Insgesamt macht mir Wasserkraft trotz einiger Nachdenk-Phasen und insgesamt recht langer Spieldauer in jeder Partie wieder Spaß. Durch neutrale Staudämme zu Spielbeginn, ausliegende Aufträge und Technologien sowie die unterschiedlichen Spieler-Tableaus und Ingenieure ist dabei auch immer für genügend Abwechslung gesorgt.
Wasserkraft | |
Tommaso Battista & Simone Luciani | 1-4 Spieler |
Ruslan Audia | ab 14 Jahren |
Feuerland | 120 Min. |
Quellen:
[1] – https://boardgamegeek.com/boardgame/174476/10-kill (Description & Category → Deduction) ♦ https://www.spiele-offensive.de/Spieleschmiede/10-to-kill/ (diverse zitierte Rezensionen, Meinungen) ♦ https://www.laboitedejeu.fr/10-to-kill/