[Review] Calimala

Der Untertitel von Calimala lautet “Die Stoffhändler von Florenz” und beschreibt das Thema im Prinzip schon komplett. Wir sind Angehörige der “Gilde der Stoffveredler und Stoffhändler” und versuchen im Spiel Stoffe zu produzieren und in die Städte unserer Handelspartner zu transportieren. Außerdem beteiligen wir uns am Bau von Gebäuden in der eigenen Stadt um weiteren Ruhm zu ernten.

Dabei ist Calimala ein Mehrheitenspiel, in dem jeder Warenwürfel den wir zu einem bestimmten Ort oder Gebäude bringen können für 2 der insgesamt 15 Wertungen im Spiel relevant ist. Motor des Spiels ist der “Stadtplan” auf dem wir im Laufe des Spiels unsere – je nach Spielerzahl – 10 bis 15 Aktionsscheiben einsetzen. Dabei setzen wir uns immer zwischen 2 der 9 Aktionen und lösen beide angrenzenden aus. Besondere Freude kommt auf wenn nach uns ein Spieler die selben beiden Aktionen nutzen will und seine Aktionsscheibe auf unsere setzt. Dann dürfen wir nämlich die beiden Aktionen erneut ausführen. Insgesamt kann eine Scheibe so bis zu 3 mal aktiviert werden, denn sobald sie die 4. Scheibe von oben ist rutscht sie aus dem Turm und löst eine Wertung aus. Außerdem hat jeder Spieler weiße Scheiben, die es erlauben sofort jede der beiden Aktionen doppelt auszuführen, die dafür aber nicht noch mal aktiviert werden können. Wenn ein Spieler mal nicht in der Lage ist eine Aktion zu spielen, bekommt er als Entschädigung eine Karte mit einer zufälligen Aktion, die er dafür zu einem beliebigen Zeitpunkt zusätzlich nutzen kann.

Mit unseren Aktionen können wir Rohstoffe (Holz, Stein, Marmor und eben Stoffe) produzieren, die wir in weiteren Aktionen in Schiffe, Handelshäuser, Werkstätten oder Statuen umbauen oder für den Bau der Prachtbauten von Florenz spenden können. Nur die Stoffe spenden wir nicht sondern liefern sie mit Hilfe unserer Schiffe und Handelshäuser in die 6 Städte auf dem Spielplan. Das dabei Hamburg im Gegensatz zu London keine Hafenstadt ist, stört wohl nur mich als Nordlicht.

Immer wenn eine Wertung ausgelöst wird, wird der Marker auf eines der 15 Wertungsplättchen im Stadtrat gelegt. Dann wird geschaut wer im entsprechenden Bereich gerade die Mehrheit hat. Die ersten drei Spieler bekommen 3, 2 und 1 Punkt dafür. Der Stadtrat ist dabei der Tie-Breaker. Weitere Punkte gibt es am Spielende für die Wertungskarten. Diese zeigen im Wesentlichen nochmal die selben Wertungen wie die Plättchen und werden zu Spielbeginn verteilt, wobei jeder Spieler eine Wertung verdeckt auswählt die am Ende des Spiels gewertet wird. Hier gibt es für die Mehrheiten nun 5, 3 und 1 Punkt.

Calimala ist ein relativ flott gespieltes Spiel mit gut verzahnten Mechanismen, das vorallem in Vollbesetzung zu Höchstform aufläuft. Hier kommt man sich ordentlich in die Quere und schon rein mathematisch gehen bei jeder Wertung auch 2 Spieler leer aus. Während man zu Beginn des Spiels noch versucht Wertungen zu vermeiden wenn man nicht gerade vorne liegt, wird mit zunehmender Zahl von Aktionsmarkern auf dem Stadtplan der Abstand zwischen den Wertungen immer kleiner. So kommt es im 5er-Spiel schon mal vor, dass 3 oder sogar 4 Wertungen ausgelöst werden bis man wieder dran ist. In allen Wertungen wird man aber auch im 3er-Spiel kaum mitmischen können und muss so Schwerpunkte setzen worauf man sich konzentrieren will.

Der variable Aufbau der Wertungsplättchen und vorallem der Aktionsplättchen sorgt dabei dafür, dass in jeder Partie andere Strategien erfolgsversprechend sind. So kann z.B. in der einen Partie die Schiffahrt besonders lohnend sein, weil die Aktionen Stoff weben und Stoffe verschiffen direkt nebeneinander liegen. In der nächsten lohnt es sich sofort Rohstoffe zu spenden, weil die ersten 2-3 Wertungen darauf abzielen.

Insbesondere in solchen Spielen, in denen eine sehr starke Kombination ausliegt, ist der Startspieler-Vorteil allerdings ein Problem. Ein gut platzierter Aktionsstein zu Beginn wird natürlich schnell von den nachfolgenden Spielern wieder aktiviert und bringt so gleich mehrfach seinen Ertrag. Hier müssen die Mitspieler aufpassen, den Spielern die früh dran waren nicht zu viele Vorteile zu gewähren. Der Nachteil – besonders zu fünft – ganz hinten in der Spielerreihenfolge zu sitzen scheint sogar noch größer. Hier muss man alternative Strategien finden und ggf. schon bei der Auswahl des Startrohstoffes, auf den man dann immerhin als erster Zugriff hat, eine gute Wahl treffen. Ein weiteres Problem ist, dass es manchmal zu Königsmacher-Situationen kommt. Wenn ein Spieler “entscheidet” welchem Spielern er durch das Platzieren seiner Aktionsscheibe noch mal 2 Aktionen schenkt, entscheidet das manchmal über die letzten Punkte.

Optisch haben mir andere Spiele von Harald Lieske schon besser gefallen, die Einfachheit der Illustration passt aber im Prinzip gut zum Spiel. Am Material gibt es nichts auszusetzen. Das optional erhältliche Deluxe-Kit wertet das Spiel im Wesentlichen dadurch auf, dass die Marker nicht mehr verrutschen können. Da ich selbst damit aber bisher kaum Probleme hatte, hab ich das Kit für mich persönlich als unnötig empfunden und nicht gekauft.

Insgesamt bietet Calimala ein gelungenes Spiele-Erlebnis, bei dem man seine Gegner immer im Blick haben muss. Das System der verschiedenen Mehrheits-Wertungen ist ausgeklügelt und bietet einige sehr unterschiedliche Strategien. Die Variabilität im Spielaufbau mit einfachsten Mitteln beeindruckt. Das große Problem des Spiels – der Vorteil, wenn man zu Beginn möglichst früh dran ist – muss dabei allerdings erwähnt werden und tritt besonders auf, wenn die Spieler sich nur auf ihr eigenes Spiel konzentrieren. Schade ist, dass das Spiel ganz klar in Vollbesetzung am besten ist, aber dieser Fehler hier naturgemäß am ausgeprägtesten ist. Dennoch hat mir das den Spielspaß nicht genommen, sondern mich eher angespornt aus hinteren Positionen alternative Strategien zu finden. Daher ist das Spiel für mich gerade noch…

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