Berlin Con (Teil 2)

Auch am zweiten Tag der Berlin Con konnte ich einige spannende Spiele ausprobieren. Auch hier gilt wieder, dass es sich bei einigen der Spiele noch um Prototypen handelt, die sich vorallem in Material und Gestaltung noch vom finalen Spiel unterscheiden können. Außerdem schildere ich hier natürlich Ersteindrücke.

Angefangen habe ich diesmal bei Cranio Creations, die u.a. ihre Essen-Neuheit Newton vorstellten. Bei dem Spiel von Simone Luciani und Nestore Mangone geht es thematisch um das Thema Studium und Wissenschaft im 17. Jahrhundert. So können wir zum Beispiel auf einem Baum der Lehre voranschreiten und müssen unser Regal mit Büchern füllen. Dabei stehen uns zahlreiche Aktionsmöglichkeiten zur Verfügung, die über Karten aktiviert werden. Die Aktionssymbole auf den Karten werden dabei durch Symbole in unserer Auslage verstärkt. Außerdem müssen wir jede Runde eine unserer Handkarten “entsorgen” und als dauerhaftes Symbol auslegen. So werden die Aktionen im Spielverlauf immer stärker, so dass wir gegen Spielende gefühlt in einer Runde – trotz gleicher Aktionszahl – viel mehr machen können als zu Beginn.

Mir hat das Spiel insgesamt sehr gut gefallen. Auch wenn wir nicht ganz Ende spielen konnten. Newton war definitiv mein Highlight des zweiten Messe-Tages und ich kann es kaum noch  erwarten das fertige Spiel in Essen in meinen Händen zu halten.

Nachdem der Verlag Plan B für Azul extra die neue Marke Next Move eingeführt hatte, kommt nun mit Reef das zweite Spiel unter diesem Label heraus. Diesmal verbauen wir auf unserem eigenen 4×4-Raster Plastikteile, die mich irgendwie an Sandkisten-Fomen erinnern. Mir persönlich gefällt das Material leider überhaupt nicht, die gleichzeitige Begeisterung meiner Mitspieler dafür zeigt aber, dass es gottseidank auch hier sehr unterschiedliche Geschmäcker gibt.

Gesteuert wird das Spiel übrigens durch zweigeteilte Karten, die einerseits vorgeben welche Teile ich auf meinem Plan verbauen darf, andererseits Punkte für bestimmte Kombinationen ergeben, für die ich in der Regel die gerade verbauten Teile nicht brauche. Das klingt im ersten Moment nach ziemlich viel Planung, leider ist aber mindestens genau so viel Glück nötig um die richtige Karte im richtigen Moment zu bekommen. Außerdem wirkten die einzelnen Karten auch recht unausgewogen was die Punkte angeht. Ihr merkt schon mir hat das Spiel nicht so gefallen. Dabei ist Reef sicher kein schlechtes Spiel und der ein oder andere wird sicher viel Spaß damit haben. Vielleicht ist da bei mir aber auch die durch Azul gesteigerte Erwartungshaltung Schuld. Daher werde ich dem Spiel sicher nochmal eine Chance geben.

Nach einem Kennerspiel und einem Familienspiel folgte nun mit Polar Smash von HCM Kinzel ein Kinderspiel. Das Spiel fuktioniert nach dem Jenga-Prinzip, wobei es diesmal darum geht Eisblöcke aus einem Iglu zu ziehen. Das Spiel ist nicht vorbei wenn mal mehr als ein Eisblock fällt, sondern erst wenn der Eisbär vom Iglu fällt. Heruntergefallene Steine muss allerdings immer der Spieler nehmen, der an der Reihe ist. Wer am Ende die wenigsten Steine hat gewinnt.

Das Spiel besticht mit tollem Material. Der Aufbau dauert fast länger als das Spiel, dass nach maximal 5 minuten auch schon wieder zu Ende ist. Mir und vorallem auch den Kindern die mitgespielt haben, hat das Spiel auf jeden Fall Spaß gemacht. Wie lange Kinder allerdings damit Spaß haben kann ich nicht beurteilen, bei Erwachsenen wird dieser aber nicht lange anhalten. Im Gegensatz zum “großen Bruder” Jenga wird hier jedenfalls weder viel taktiert, noch besonderes Geschick abgefordert.

Danach ging es bei den Game Brewers wieder in deutlich anspruchsvollere Gefilde. Gugong – das während der abgelaufenen Kickstarter-Kampagne noch The forbidden city hieß – ist wohl schon auf Experten-Niveau unterwegs. Das Spiel wird über einen Satz Karten mit verschiedenen Werten und Aktionen gesteuert. Diese wechseln im Laufe des Spiels ständig ihren Platz zwischen dem Spielbrett und den Händen der unterschiedlichen Spieler. Dieses hin- und hertauschen symbolisiert thematisch auch den Tauschhandel, der im Spiel eine zentrale Rolle spielt. Wie es sich für ein gutes Euro-Spiel gehört, sind dabei die Ressourcen – in diesem Fall im Wesentlichen unsere Arbeiter – ziemlich knapp.

Das Spiel ist auf jeden Fall ein ziemlicher Gehirn-Verzwirbler. Die Mechanik bringt einige interessante Neuerungen mit sich. Gugong hat mir sofort recht gut gefallen, aber wirklich beurteilen kann ich das Spiel nach einer halben Partie noch nicht. Ich vermute das Spiel wird erst in der zweiten Partie sein volles Potential entfalten. Wer anspruchsvolle Spiele mag sollte es aber auf jeden Fall mal ausprobieren.

Weiter ging es mit einem Familienspiel von Pegasus. In Sagrada baut jeder Spieler sein eigenes buntes Kirchenfenster aus Würfeln. Diese werden in ein 4 mal 5 Felder grosses Raster gelegt, wobei die Farbe des Würfels für die Grundfarbe steht und die Zahl für die Schattierung. In jeder Runde wählt jeder Spieler 2 Würfel aus einem allgemeinen Pool. Grundregel ist das weder Würfel der gleichen Farbe noch des gleichen Wertes aneinander grenzen dürfen. Dazu hat jeder Spieler unterschiedliche Vorgaben für Werte und Farben auf seinem Tableau.

Gepunktet wird im Wesentlichen über 3 Siegpunktkarten, die in jedem Spiel variieren und für bestimmte Muster Siegpunkte bringen. Dazu gibt es auch noch drei Karten mit so genannten Werkzeugen, die Sonderaktionen ermöglichen. Mir hat Sagrada insgesamt sehr gut gefallen, besonders die variablen Siegpunktkarten bringen hoffentlich jede Menge Abwechslung. Die Werkzeuge wirkten auf mich in der ersten Partie hingegen noch etwas überflüssig und wurden kaum genutzt. Das ändert sich hoffentlich in weiteren Partien.

Dann ging es wieder zurück zu den Game Brewers wo ich noch Castellum: Maastricht ausprobieren wollte. Dabei handelt es sich um ein zugängliches Workerplacement-Spiel in dem wir thematisch unsere Stadt Maastricht gegen Angriffe verteidigen. Es ist jedoch nicht kooperativ und so stattet jeder Spieler mit seinen Aktionen im Wesentlichen seine eigenen Verteidigungsreihen aus. Am Ende jeder Runde greifen die Gegner in Form von Karten an, die an die einzelnen Verteidigungsreihen angelegt werden. Dabei darf man Gegner sowohl an eigene, als auch angegnerische Reihen anlegen und so entsteht ein ziemlich hoher Interaktionsgrad. Wer nach der letzten Runde die stärksten Gegner besiegt hat gewinnt.

Ich fand das Spiel gut, es hat mich aber noch nicht 100%ig überzeugt. Wir haben allerdings auch nur zu zweit gespielt und ich habe definitiv Lust Castellum: Maastricht noch mal mit mehr Spielern auszuprobieren. Mit 3 oder 4 Spielern ist es dank der hohen Interkation vermutlich am besten.

Zum Abschluss habe ich mir dann noch Tortuga von Boardgame Circus erklären lassen. Das Spiel ist mit der tollen Gestaltung sofort ein Blickfang, besonders die Spielepackung in Form eines Buchs hat mir richtig gut gefallen. Thematisch ist das Spiel in der karibischen Piratenwelt angesiedelt. Das Spiel selbst hat viele Elemente eines Social Deduction Spiels, wobei es nicht das Ziel ist die Rollen der Mitspieler aufzudecken. Viel mehr geht es darum eine von zwei Seiten zum Sieg zu führen in dem man seine Aktionen und Karten geschickt nutzt um die Schätze auf die eigene Seite zu holen. Bei ungerader Spielerzahl kommt zudem eine dritte Fraktion ins Spiel, die ausgeglichene Machtverhältnisse haben will. Nach der Erklärung hätte ich Lust gehabt das Spiel auch zu spielen. Leider fehlte jetzt die Zeit und daher muss ich wohl bis Essen warten.

Nach 2 Tagen Berlin Con kann ich eigentlich nur ein positives Fazit ziehen. Viele Herbst-Neuheiten konnten hier schon ausprobiert werden, einige wurden sogar schon veröffentlicht und so hat sich die Berlin Con für mich zu einem Startschuss in das neue Spielejahr entwickelt. Gerade bei den Top-Titeln muss man zwar auch hier ab und zu warten bis man sie ausprobieren kann, insgesamt ist es aber viel einfacher an die begehrten Spieletische zu kommen als in Essen. Im Turnier- und freien Spielebereich stehen zudem noch so viele Tische zur Verfügung, dass man immer die Möglichkeit hat irgendwo was zu spielen.

Der Charakter der Veranstaltung ist eine gelungene Mischung aus Convention und Messe. Wer neue Spiele kennenlernen will hat bei den zahlreichen vertretenen Verlagen die Chance dazu, wer einfach nur spielen will geht halt zur Spieleausleihe. Auch die Größe der Veranstaltung ist für diese Mischung genau richtig. Das Kühlhaus machte bei den heißen Aussentemperaturen zwar seinem Namen keine Ehre, war aber ansonsten ein toller Veranstaltungsort. Ich persönlich mag den Industrie-Charme und finde vorallem der Kubus, in dem die Aussteller-Bereiche untergebracht waren, verleiht der Veranstaltung etwas einzigartiges. Selbst das Essen war im Gegensatz zu Essen gut. Und so bleibt mir abschließend eigentlich nur zu sagen: bis nächtes Jahr…

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