[Review] Rob ‘n Run

Einbruch-Diebstahl wird in Literatur, Film, Fernsehen und eben auch im Brettspiel oft als Kavalierdelikt dargestellt. Moderne Robin Hoods, die meist von den Reichen stehlen, gelten als Gentleman-Verbrecher, auch wenn sie nur selten dann auch mit den Armen teilen. Da verwundert es auch nicht wirklich, dass der Hamburger PD-Verlag – sonst eher für zurückhaltende Gestaltung bekannt – einem Spiel mit diesem Thema ein comic-artiges, fast kindliches Layout gibt. Dabei ist Rob ‘n Run von Michael Luu bei weitem kein Kinderspiel, sondern eher im Kenner-Bereich anzusiedeln. Obwohl es – ebenfalls untypisch für den PD-Verlag – kein Strategiespiel ist und auch einige Glückselemente hat.

Bei Rob ‘n Run verkörpern die Spieler eine Gruppe von Dieben, die gemeinsam versuchen einige Tesore zu knacken und anschließend das Land zu verlassen. Dabei ist ihnen die Polizei dicht auf den Fersen und die Diebe versuchen den Flughafen zu erreichen bevor sie von der Polizei geschnappt werden. Ein Spieler übernimmt dabei reihum immer die Rolle des Banden-Chefs für einen der Raubzüge und weiß als einziger welches Werkzeug diesmal benötigt wird um den oder die Tresor(e) zu knacken. Leider stellen sich die Komplizen nicht besonders schlau an und stürmen in die Gebäude bevor ihnen der Boss, der vor dem Gebäude im Wagen schmiere steht, den Plan erläutern kann. Das schränkt die Kommunikation ziemlich ein und der Boss muss sich auf wenige Hinweise beschränken, aus denen die Mitspieler nun versuchen die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Je nach Anzahl (1 bis 3) und Art der Tresore müssen die Mitspieler dem Boss nun 3 bis 15 Karten mit bestimmten Werkzeugen geben. Dabei wechseln sich die Phasen in denen der Boss Hinweise gibt und die in denen die Spieler reihum Karten spielen immer ab. Zwischendurch wird aufgelöst welche Karten richtig und welche falsch waren, wobei die falschen verdeckt bleiben. Das geht so lange bis entweder die 1-3 Tresore geknackt sind oder der Alarm ausgelöst wurde. Dabei zeigt ein Polizei-Tableau an wie viele falsche Karten gespielt werden dürfen bis der Alarm ausgelöst wird, wie viele Karten jeder Spieler auf der Hand hat, wie viele Hinweise der Boss geben darf und wie viele Karten gespielt werden müssen bis aufgelöst wird welche davon richtig waren. Im Laufe des Spiels werden dabei automatisch Steine “eingesammelt” die auf das Tableau gelegt werden müssen und das Spiel immer schwerer machen, je näher man dem Flughafen kommt. Das sorgt für einen sehr gelungenen Spannungsverlauf. Über die so genannten “Informanten in Hydranten” kann man bestimmte Steine wieder loswerden, wenn man einen der 4 Stadtteile komplett von Tresoren befreit hat.

Besonders spannend sind die Hinweise die der Boss geben darf. Diese sind so unterschiedlich, dass sich jede Partie anderes anfühlt, je nachdem welche 6 der 16 Hinweise im Spiel sind. Es fängt mit einfachen Anweisungen wie “Ihr braucht noch folgendes Werkzeug:” an und hört mit “Jeder sagt reihum ein Wort.” auf. Neben der Art der Hinweise kommt es auch besonders darauf an die Hinweise zum richtigen Zeitpunkt zu geben und so noch weitere Informationen “zwischen den Zeilen” zu verstecken. Dadurch fühlt sich das Spiel ein bisschen wie Hanabi an, erinnert durch das Deduktions-Element aber noch mehr an Mastermind.

Wie bei diesen beiden Spielen braucht man aber auch für Rob ‘n Run die richtige Gruppe die sich auf das Spiel einlässt. Einige meiner Mitspieler sind mit dem Spiel jedenfalls so garnicht warm geworden und wollten es nicht wieder spielen. Andere konnten garnicht genug davon bekommen. Leider ist es auch schwer das Spielgefühl nur durch Erklärung zu vermitteln – ähnlich wie z.B. auch bei Codenames – und so ist es manchmal eine echte Herausforderung jemanden zu seiner ersten Partie zu überreden. Da hilft leider auch die Grafik nicht weiter, da das Spiel zwar gut, aber eben doch wie ein Kinderspiel aussieht. Bei den meisten Spielern wird das Feuer entfacht sobald sie das erste mal selbst den Boss spielen. Das volle Potential eröffnet sich einem aber noch nicht im ersten Spiel. Und vielleicht auch nicht im zweiten. Mit jeder weiteren Partie hat mir das Spiel besser gefallen. Besonders dann, wenn nach einigen Partien in der selben Gruppe plötzlich Hinweise funktionieren, die man am Anfang für unmöglich gehalten hätte.

Leider helfen einem die besten Hinweise auch nicht, wenn man genau weiß was man braucht, aber nicht die benötigten Karten zieht. Der Glücksanteil beim Nachziehen der Karten, aber auch beim zufälligen ausspielen der richtigen – oder eben falschen – Karten zu Beginn der Runden, ist jedenfalls nicht zu vernachlässigen. Mich persönlich stört das allerdings überhaupt nicht. Im Gegenteil: Gerade die Situationen in denen man auch Fortuna auf seiner Seite haben muss sorgen regelmäßig für tolle und spannende Momente im Spiel.

Eine weitere große Stärke von Rob ‘n Run ist die sehr gute Anpassbarkeit an die verschiedenen Spielerzahlen, auch während der Partie. Wenn zwischen zwei Raubzügen ein Spieler dazu kommt oder geht, tauscht man einfach kurz das Polizei-Tableau aus und spielt weiter. Das macht Rob ‘n Run zum perfekten Start in den Spieleabend, wenn man noch auf ein oder zwei Mitspieler wartet. Lediglich im 2-Spieler-Spiel muss man noch die 5 Karten mit Sporttaschen – die für Kartennachschub sorgen – aus dem Stapel sortieren.

Apropos 2 Spieler. Da es nur einen Komplizen gibt, der dadurch immer alle Informationen über falsche Karten hat, ist das Spiel um einiges leichter. Mit 3 bis 5 Spielern wird es dann deutlich anspruchsvoller und selbst die einfachsten vorgeschlagenen Missionen werden zur echten Herausforderung.

Das Material des Spiels ist im Wesentlichen völlig in Ordnung. Negativ fallen aber die Gold-Marker, die von den Dieben eingesammelt werden, auf. Sie sind leider weder golden, noch haben alle Marker die selbe Form. Auch die Markierungen für die Startposition der Holz-Steinchen hätten etwas deutlicher sein können. Besonders gelungen finde ich dagegen den Sichtschirm in Form des Fluchtwagens. Ein echter Hingucker!

Fazit: Rob ‘n Run ist ein kooperatives Spiel mit einer gelungenen Mischung aus ein wenig Strategie, einer guten Portion Glück und einem großen Anteil an Deduktions-Elementen. Wer Deduktions-Spiele mag sollte sich Rob ‘n Run unbedingt mal anschauen. Schon zu zweit kann man mit Rob’n’Run seinen Spaß haben, besonders empfehle ich das Spiel aber ab 3 Spielern.

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