SPIEL 17: Tag 3+4

Die SPIEL 2017 in Essen ist vorbei. Vier Tage voller toller Begegnungen, tollen Mitspielern und tollen Spielen. Hier kommt nun mein Bericht zum Samstag und Sonntag, leider etwas später als geplant, da mich pünktlich nach Messeschluss die Grippe heimgeuscht hat.

Samstag

Der Samstag war vorallem eines: voll! So volle Hallen habe ich bei meinen bisherigen Messebesuchen jedenfalls bisher nicht erlebt. Vorallem zur Mittagszeit war es fast unmöglich irgendwo einen Platz an einem Spieletisch zu ergattern ohne lange Wartezeiten erdulden zu müssen. Dennoch habe ich es auch am Samstag geschafft einige tolle Spiele zu spielen.

Das erste grössere Spiel war Riverboat von Michael Kiesling und vom Verlag Lookout. Der Einstieg in das Spiel war relativ problemlos möglich, das Spiel ist vom Niveau her sicherlich als Kennerspiel einzuordnen. Ich fand vorallem den Mechanismus toll, dass in jeder der 4 Runden der Startspieler in den 5 Phasen der Runde wechselt. Auch wenn die Arbeiter keine klassischen Worker-Placement-Figuren sind, geht es bei Riverboat viel darum den Gegnern bestimmte Plättchen oder Schiffe wegzuschnappen. Insgesamt hat mir das Spiel ziemlich gut gefallen. Das lag aber sicher auch an der Vollbesetzung in der das Spiel zu Höchstform aufläuft und ich stelle es mir im 2-Personen-Spiel nicht ganz so spannend vor.

Auch das zweite größere Spiel des Tages war ein Kiesling: Heaven & Ale von eggertspiele. Hier machte sich neben dem fortgeschrittenen Messetag auch meine kurze Nacht bemerkbar und ich hatte Schwierigkeiten bei der umfangreichen Erklärung alles sofort zu kapieren. Der Einstieg in Heaven & Ale ist nämlich alles andere als leicht. Das merkte ich auch in den ersten Spielzügen, bei denen ich kaum wusste was ich tat. Mit laufender Spielzeit verstand ich die Zusammenhänge jedoch so langsam immer besser und mit wurde mit jeder Spielrunde das enorme Potential des Spiels bewusst. Das Spiel ist wirklich sehr komplex und jede kleine Entscheidung kann später enorme Auswirkungen haben. Im Kern bauen wir bei Heaven & Ale die Zutaten für unsere Bier im Klostergarten an, das verursacht zunächst aber ausschließlich Kosten und Erträge erwirtschaftet man nur wenn man die verbauten Plättchen auch zu nutzen weiß.

Am Ende hat mir das Spiel jedenfalls trotz meiner Anfangsschwierigkeiten sehr gut gefallen und war m ein Tages-Highlight. Von den drei Kiesling-Spielen die ich ausprobiert habe (Azul, Riverboat, Heaven & Ale) hat es mir insgesamt am besten gefallen, ist aber auch vom Anspruch her klar das schwerste. Michael Kiesling bedient in diesem Jahr damit den Familienspieler, den Kennerspieler und auch den Expertenspieler. Ein echtes Kiesling-Jahr!

Zwischendurch fand am Samstag übrigens auch noch ein kurzes, aber herzliches Brettagogen-Hörertreffen statt. Im Rahmen dessen konnte ich Herrn Wagner endlich sein Stadt-Land-Spielt-Promo-Paket geben und ausserdem einige nette Menschen treffen. Unter anderem waren neben Herrn Wagner auch die Haschimitenfürsten und Krimi-Stephan Kessler vor Ort. Vielen Dank und hoffentlich trifft man sich bald mal am Spieletisch wieder.

 

Sonntag

Der letzte Messetag begann gefühlt viel entspannter, denn der ganz große Andrang des Vortages war nicht mehr da. So kam ich diesmal auch wesentlich schneller an den Spieletisch und konnte bei Repos die zwei großen Neuheiten ausprobieren. Bei When I dream sind die Spieler abwechselnd Träumer und müssen Begriffe erraten, die die Mitspieler ihnen reihum mit jeweils einem Wort umschreiben. Der Clou dabei ist, dass nicht jeder will, dass der Träumer den richtigen Begriff rät. Einige Spieler wollen möglichst viele falsche Begriffe, einige sogar möglichst ein Gleichgewicht zwischen richtigen und falschen Begriffen. Zusätzlich muss der Träumer sich in den 2 Minuten in denen er die Begriffe rät möglichst alle merken und danach seinen Traum nacherzählen in dem er alle Begriffe verwendet. Insgesamt hat mir das Spiel richtig gut gefallen. Ein gelungenes Familienspiel, das bei Freunden von Dixit oder auch Tabu sicherlich gut ankommen wird.

Das zweite Spiel Secrets hatte ich im Vorfeld der Messe sogar noch besser eingeschätzt als When I dream. Nach meiner Testrunde war ich jedoch etwas enttäuscht. Die Spieler haben verdedeckte Rollen und versuchen entweder für ihr Team CIA oder KGB Punkte in Form von Karten zu sammeln. Dazu gibt es 1-2 Hippies die möglichst wenige Punkte haben wollen. Sicherlich lebt auch dieses Spiel davon, dass die Spieler die Rollen und Funktionen der Karten gut kennen. In meiner Erstpartie hatte ich allerdings den Eindruck, dass das Spiel insgesamt recht willkürlich ist und der Einfluss der Spieler auf das Geschehen in manchen Situationen kaum möglich ist. Ein abschließendes Urteil ist sicher noch nicht möglich, aber im Moment finde ich Secrets eher durchschnittlich.

Nach meiner Stippvisite bei Repos begab ich mich nochmal in die hinteren Hallen um hier vielleicht einige Spiele zu finden, die ich noch nicht so auf der Liste hatte. Dabei habe ich unter anderem Unreal Estate von der Grand Gamers Guild ausprobiert. Ein kleines Kartenspiel mit toller Grafik, bei dem es vorallem darum geht Karten zu sammeln und im richtigen Moment auszuspielen um möglichst viele Punkte zu ergattern. Wartet man zu lange kommt einem vielleicht ein Gegner zuvor und man geht im Extremfall sogar leer aus. Das Spiel hat mir tatsächlich ganz gut gefallen und es ist mit seiner kurzen Spielzeit definitiv für eine schnelle Partie in der Mittagspause oder zwischen zwei größeren Spielen geeignet.

Das nächste Spiel war Bears vs. Babies von den Machern vom sehr erfolgreichen Exploding Kittens. Das Spiel fällt zunächst durch seine Verpackung auf, die von einem Fell überzogen ist. Auch die Grafik ist sehr liebevoll gestaltet und das Spiel kommt mit vielen witzigen Anspielungen. Im Kern bauen wir unsere Monster aus mehreren Karten (Kopf, Rumpf, Beine, Arme) zusammen, die damit immer stärker werden und versuchen gegen Armeen von Babies zu bestehen. Leider sind die gebauten Monster alles andere als langlebig und sterben bereits nach einem Kampf, egal ob erfolgreich oder nicht. Mich selbst konnte das Spiel nicht wirklich überzeugen, da ich es zu zufallslastig fand. Unbestritten ist aber, dass das Spiel durch seinen Witz für viele Lacher am Tisch sorgt. Für einen geselligen Spieleabend in nicht allzu ernstem Klima ist es sicher gut geeignet und meine Mitspieler waren von dem Spiel tatsächlich so überzeugt, dass sie es gleich gekauft haben.

Zum Abschluss der Messe spielte ich noch eine Partie Rajas of the Ganges. Nachdem mich das Spiel in der kurzen Einführung am Donnerstag noch nicht komplett überzeugt hatte, war ich diesmal nach einer kompletten Partie begeistert. Die Erklärung war diesmal hervorragend und so konnten alle Spieler von Beginn an bereits versuchen strategisch zu spielen. Es entwickelte sich ein spannendes Spiel und die drei verschiedenen “Leisten” Ruhmespunkte, Geld und der Fluss Ganges selbst stellten einen immer wieder vor interessante Entscheidungen worum man sich vornehmlich kümmern will. Auch die Würfel als Ressource funktionieren hervorragend. Natürlich spielt das Glück beim Würfeln immer eine Rolle, man hat aber bei jedem gewürfelten Wert das Gefühl damit etwas anfangen zu können. Insgesamt ist Inka & Markus Brand mit Rajas of the Ganges ein tolles Gesamtpaket gelungen, dass in den Worker-Placement-Mechanismus tatsächlich nochmal frischen Wind bringt.

So war mein Tages-Highlight am Ende auch Rajas of the Ganges, während die größte Überraschung für mich Secrets war, diesmal allerding eher im negativen Sinne. Die letzte Stunde habe ich anschließend noch genutzt um mich zwischen den ausprobierten Spielen zu entscheiden und den Rest meines Messe-Budgets auszugeben. Dementsprechend ist der Essen-Loot nochmal um einige Spiele angewachsen:

Am Ende der vier Tage blicke ich auf eine tolle Messe zurück. Für mich waren es das erste Mal die vollen 4 Tage und ich muss sagen, dass man mit soviel Zeit zwar immernoch lange nicht alles sehen kann, aber zumindest viel entspannter den Weg zu seinen Messe-Highlights findet und viel mehr ausprobieren kann. Ich freue mich schon darauf, die ganzen neuen Spiele auszuprobieren.

Zum Abschluss noch ein paar Eindrücke von der Messe: